A N J A K L A F K I
A N J A    K L A F K I

Im Werk von Anja Klafki erscheinen die ersten Landschaftsanmutungen um 2001. Aus bis dahin ungegenständlichen, monochromatischen Formen tauchen einzelne Bergspitzen und bald auch ganze Gebirgslandschaften auf. Sie ergeben sich – fast zufällig – aus der Überlagerung von Platten, den Rest übernimmt die menschliche Wahrnehmung, die hier fast zwangsläufig die Darstellung einer Bergspitze zu erkennen glaubt. Von diesen im wahrsten Sinne des Begriffs 'imaginären' Landschaften, denen kein geographisches Substrat zugrunde liegt, schreitet Anja Klafki bald zur Radierungen fort, die landschaftlich konkreter verortbar sind: Kompositionen, die man für ein typisch norddeutsche Küstenlandschaft zu halten geneigt ist, oder auf denen man das Matterhorn zu sehen meint. Tatsächlich nutzt Klafki für ihre Arbeit Fotos und Zeichnungen von Landschaften, die sie am Computer den ersten Bearbeitungs- und Abstraktionsschritten unterzieht. Die Farbpalette dieser Arbeiten umfasst Blau-, Grau- und Grüntöne, die als Plattenton gedruckt, das Weiß des Blattes durchscheinen lassen. 2006 erfolgt der nächste Schritt: Kompakte Farbflächen tauchen auf: blaue Ellipsen, blaue, grüne oder gelbe Rechtecke und Trapeze. Mit ihren glatten Konturen und intensiven Farben bilden sie einen harten Kontrast zur den mittels Radierung entstandenen Elementen und verschieben den Charakter der Arbeiten in das Feld des Formal-Konstruktiven. Mit Titeln wie 'Lake', 'Raps' oder 'Ashore' bindet Klafki diese auf den ersten Blick unorganisch, unnatürlich wirkenden Elemente an den Assoziationsraum 'Landschaft' zurück. 2008 erscheint mit der Brücke in der Werkgruppe 'Delaware' ein neues Kompositionselement in Klafkis Arbeiten, das die zwei gegenläufigen Aspekte ihrer Arbeit in einem Motiv zusammenzufassen scheint: die Brücke ist ein unnatürliche, geometrisch-konstruktive Form, die – eine Singularität in Klafkis bildnerischer Welt – relativ eindeutig inhaltlich zu bestimmen ist. Was in der Einzelarbeit ins Anekdotisch-Pittoreske zu rutschen – und damit Klafkis Landschaft zu vereindeutigen droht – , wird (...) als eine Durchgangsstation – als Brücke – zu einem neuen künstlerischen Entwicklungsstadium erkennbar. Anja Klafki entdeckt die moderne Infrastruktur als struktives Element der Landschaft – und transformiert sie in die ihr eigene Bildsprache. Aus Farbflächen, die sich anfangs meist auf eher einfache geometrische Formen beschränken, entwickeln sich komplexe Formen, die die Landschaften Klafkis im Hier und Jetzt verorten. In der Werkgruppe 'Landen' beispielsweise glaubt man nicht nur die Silhouette der Schwäbischen Alb zu erkennen, sondern der Vordergrund wird auch als Auto- oder Landebahn lesbar – einem für die Landschaft der Gegenwart sehr viel typischerem Element als die viel beschworene unberührte Natur. Anja Klafki arbeitet dabei mit der Geisteshaltung einer Kartographin: Sie nimmt auf und registriert, was da ist – und transformiert das Wahrgenommene in eine neue, abstrakte Form. Dabei reduziert sie beherzt die Komplexität des Vorbilds und schafft es so, auch die bisher eher nicht unter Kunstverdacht stehende Infrastruktur der Region zu integrieren. (...) 

 

Dr. Christina Dongowski, Stuttgart